Die Zukunft des Unternehmens gestalten

Wie der Kulturwandel im Unternehmen gelingt

Der ‚Faktor Mensch‘ im Unternehmen

Im Unternehmensgeschehen gilt der Mensch als der unberechenbarste Faktor. Warum das so ist, kann man sich leicht erklären, wenn man sich das Verständnis des Soziologen Niklas Luhmann zu eigen macht. Er versteht das Unternehmen als ein Kommunikationssystem und seine Mitglieder als dessen Umwelt.

Jedes Mitglied des Unternehmens interagiert über sein Bewusstsein mit dem Kommunikationssystem. Sowohl das menschliche Bewusstsein, wie die Kommunikation im Unternehmen funktionieren selbstreferenziell, das heißt, sie sind beide auf sich selbst bezogen. Beide sind über das Medium Sinn aneinander gekoppelt.

Alle Funktionen, die im Unternehmen von einem Menschen übernommen werden sollen, werden deshalb als Rollen definiert. In der Regel geschieht dies durch die Beschreibung von Aufgaben, Verantwortungen und Kompetenzen (AVK), die in einem Arbeitsvertrag vereinbart werden. Dort ist auch festgelegt, wie diese Funktionen in den Rahmen einer hierarchischen Organisationsstruktur eingebunden sind.

Damit dieses Vorgehen auch funktioniert, ist es die Aufgabe der zuständigen Führungskraft, dies in geeigneter Weise sicherzustellen. Das dazu passende Führungskonzept heißt ‚Management‘. Der Manager hat dafür zu sorgen, dass die Prozesse im Unternehmen so reibungsfrei wie möglich laufen. Er verfügt deshalb auch über eine Weisungsbefugnis.

Behandeln Sie Menschen nicht wie Roboter!

Auf diese Weise wird aus dem Subjekt ‚Mensch‘ für das Unternehmen das Objekt ‚Rolle‘, das sich in dieser Form in die Unternehmensprozesse möglichst reibungslos einfügen lässt. Kein Wunder, dass man Menschen in Fertigungsprozessen immer dann durch Roboter ersetzt, wenn diese sich besser, schneller und präziser in einen vorgegebenen technischen Prozessablauf integrieren lassen. Denn „Roboter beschweren sich nicht und leisten keinen Widerstand.“

Mit dieser Aussage hat der Neurobiologe Humberto Maturana in seinem Vortrag „How it is that plans never work“1 den Unterschied zwischen Menschen und Robotern beschrieben. U. a. führte er weiter aus: „In Unternehmen gibt es genügend Versuche, Menschen in Roboter umzuformen. Das geschieht in allen Unternehmen in denen Menschen beschäftigt sind. Man

  • gibt ihnen Anweisungen,
  • erklärt ihnen die Bedingungen, die sie einhalten müssen,
  • verspricht ihnen Belohnungen, wenn die Bedingungen von ihnen eingehalten werden

Sobald Menschen dazu bereit sind, solche Belohnungen zu akzeptieren, versuchen sie Roboter zu werden. Das bedeutet, dass sie sich strikt an die Anweisungen halten, die sie aus der Hierarchie der Unternehmensführung erhalten.“

Als Führungskraft brauchen Sie für die Gestaltung der Zukunft Ihres Unternehmens jedoch Subjekte als Menschen. Als Subjekte entscheiden und handeln Menschen eigenverantwortlich und können mit ihnen gemeinsam die Identität des Unternehmens formen.

 Die Ideologie des technologischen Fortschritts

Der technologische Fortschritt der Vergangenheit hat uns viele Annehmlichkeiten beschert und in vielen Bereichen unsere Lebensbedingungen verbessert. Auch wenn das in erster Linie nur für die Industriestaaten gilt und sich auf die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung bezieht. Doch gilt diese Aussage nicht für alle Bevölkerungsschichten gleichermaßen. Die Schere zwischen arm und reich geht seit vielen Jahren mehr und mehr auseinander.

Die Wachstumsmotoren des technologischen Fortschritts waren im sogenannten Industriezeitalter die Mechanisierung, die Automatisierung und die Einführung der Informationstechnologie. Sie ermöglichten auch die Globalisierung. Heute sieht man das Wachstum vor allem in der Digitalisierung. 

Der technologische Fortschritt zeugt von der innovativen Kraft des menschlichen Geistes. Vieles ist durch ihn möglich geworden, was vorher undenkbar schien. In unserer Gesellschaft wurde er deshalb zu einer Art Ideologie, der wir alles andere unterordnen. Wir streben danach, dass sich unser ‚Lebensstandard‘ zunehmend verbessert, denn mit dem Geld, das wir verdienen, können wir uns dann immer mehr ‚leisten‘. 

Die Notwendigkeit systemisch zu denken 

Das vordergründige ideologische Denken läßt außer Acht, dass jedes System mit seiner Umwelt verbunden ist und mit ihr ein Überlebenssystem bildet. Da sich System und Umwelt gegenseitig beeinflussen, verändert jeder technologische Fortschritt der Menschheit zwangsläufig auch die Umwelt. Und die veränderte Umwelt wirkt dann wieder auf uns Menschen zurück: 

  • Jeder Meilenstein des technologischen Fortschritts, der auch als ‚Industriellen Revolution‘ bezeichnet wird, vergrößert den Freiheitsgrad im Wirtschaftssystem und steigert dessen Komplexität. Fehlt eine ordnende Kraft, so können sich leicht chaotische Zustände einstellen. Inzwischen hat unser Wirtschaftssystem heute einen Zustand erreicht, der als extrem schnelllebig, komplex, vieldeutig und unsicher beschrieben und als ‚VUKA‘2 bezeichnet wird.
  • In hierarchischen Machtstrukturen versteht sich das Topmanagement als der maßgebende Leistungsträger. Dass jede Unternehmensleistung eine gemeinsame Leistung darstellt gerät dabei leicht aus dem Blickfeld. Dadurch haben sich die vorherrschenden Leitmotive des Topmanagements im Laufe der Zeit deutlich verschoben. Im Vordergrund scheinen inzwischen Ziele zu stehen, wie z.B. die Vorherrschaft im Markt gegenüber der Konkurrenz, die überzogene Steigerung der Unternehmensgewinne, der Rendite der Shareholder und der eigenen Gehälter. Solche Fehlentwicklungen werden als ‚Managerismus‘3 beklagt.
  • Dass der technologische Fortschritt auch gravierende Nebenwirkungen auf die Natur hat, haben wir zu lange nicht erkannt, ignoriert oder verdrängt. Probleme, wie die Umweltverschmutzung, die Klimaveränderung und das Artensterben – um nur einige zu nennen – sind dabei, unsere Lebensgrundlage zu zerstören. 

Für die Gestaltung der Zukunft Ihres Unternehmens, müssen Sie als Führungskraft ganzheitlicher denken und auch Ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen. 

Die Unternehmen und ihre Führungskräfte geraten zunehmend unter Druck

Weil bisher (fast) alle vom technologischen Fortschritt profitiert haben, wollen auch alle, dass es auch so bleibt! Von einigen wenigen Ausnahmen vielleicht abgesehen. Der Mensch in seiner Rolle als Objekt des technologischen Fortschritts, kann sich dieser Techno-Logik offenbar nicht entziehen. Er wird deshalb auch in Zukunft immer wieder bereit sein, sich an die sich wandelnden Rahmenbedingungen anzupassen, um auf seinen Lebensstandard und sein gewohntes Konsumverhalten nicht verzichten zu müssen.

Auch die Unternehmen können sich den Veränderungen des Marktes, bzw. des gesamten Wirtschaftssystems, nicht entziehen, wenn sie unter den neuen Bedingungen überleben wollen. Die Unternehmen und deren Führung geraten deshalb zunehmend unter Druck.

Den Unternehmen geht es vor allem darum, ihre technologischen Innovationen schneller voranzutreiben, um wettbewerbsfähig zu bleiben und damit das Überleben des Unternehmens zu sichern. Flexibilität und Schnelligkeit sind da gefragt! Das Schlagwort, das in diesem Zusammenhang am häufigsten gebraucht wird, heißt ‚Agilität‘. Mit ihm wird der Druck an alle im Unternehmen beschäftigten Menschen weitergegeben, inkl. der Führungskräfte. Manche können diesem Druck nicht länger standhalten und landen deshalb im ‚Burnout‘.

Agilität erfordert ein anderes Denken (‚Mindset‘), andere Arbeitsmethoden (z.B. ‚Scrum‘ – ‚Design Thinking‘), und eine andere Organisation (‚weniger Hierarchie‘ – ‚mehr Eigenverantwortung‘).

Als Führungskraft geht es jetzt für Sie nicht mehr nur um einzelne Change-Projekte, wenn Sie die Zukunft Ihres Unternehmens gestalten wollen. Es geht um eine umfassende Transformation der Unternehmenskultur. Eine zentrale Frage ist daher für Sie, wie Sie mit dieser Herausforderung umgehen und wie Sie diese angehen? Denn die Unternehmenskultur entspricht dem gelebten Sozialverhalten der gesamten Unternehmensbelegschaft.

Um die Zukunft des Unternehmens zu gestalten, wird Ihre vorrangige Aufgabe aus meiner Sicht darin bestehen, sich in erster Linie mehr um die Menschen zu kümmern, als um deren Rollenfunktion für den technologischen Fortschritt.

Der andere Weg zum Kulturwandel

Dass ich mich mit meinem Anliegen in erster Linie an Unternehmen und an Sie als Führungskraft wende, hat einen guten Grund: Ich sehe heute die Führungskräfte von Unternehmen als Pioniere, als die ersten, die sich auf einen anderen Weg begeben werden. Wenn auch nicht freiwillig! Denn Sie stehen bereits jetzt unter dem Druck der heutigen gravierenden Veränderungen im Wirtschaftssystem. Sie könnten damit zu einem Vorbild in der Gesellschaft werden. Denn die anderen Gesellschaftsbereiche werden diesem Vorbild folgen müssen, wenn wir wirkliche Lösungen für die Probleme finden wollen, die wir uns mit unserer Technologie-Ideologie selbst geschaffen haben.

Hand auf’s Herz! Erkennen Sie die Herausforderung, die auf Sie zukommen wird oder vor der Sie schon jetzt stehen? Oder halten Sie das, was ich unter dem Titel „Die Zukunft des Unternehmens gestalten“ zusammengestellt habe, für eine Fiktion? Nehmen Sie die Herausforderung einfach an, oder können Sie sich gar nicht vorstellen, dass eine solche Herausforderung überhaupt auf Sie zukommt?

Was empfinden Sie? Wie denken Sie darüber? Wie gehen Sie damit um?

Ihre Aufgabe als Führungskraft

Ich habe versucht deutlich zu machen, dass der Grund für das von mir skizzierte Szenario im Management liegt. ‚Manager‘ haben sich bisher darauf konzentriert, ihre Unternehmenswelt als eine Art Maschine zu betrachten, die sie kontrollieren und steuern müssen, damit diese sich so verhält, wie sie es wollen. Deshalb mussten sie die Beschäftigten im Unternehmen als Objekte benutzen, die sich ihren Vorstellungen unterordnen. Das Erleben des heutigen Wirtschaftssystems als eine ‚VUKA-Welt‘‚ signalisiert Ihnen als Führungskraft, dass diese Ära zu Ende geht. Um das Überleben Ihres Unternehmen in dieser neue Welt zu sichern, brauchen Sie nicht nur die fachliche Rollenfunktionen in der Belegschaft. Sie müssen jeweils den ganzen Menschen dafür gewinnen, das Unternehmen als eine gemeinsame Aufgabe zu sehen und die Bereitschaft zu entwickeln, eigenverantwortlich dazu seinen Beitrag einzubringen.

Das bedeutet aber nichts anderes, als dass Sie als Führungskraft sich in erster Linie um die ‚Soziale Innovation‘ im Unternehmen kümmern müssen und die ‚Technologische Innovation‘ weitgehend den anderen überlassen können.

Es hat schon immer Menschen gegeben, die dazu die Fähigkeiten hatten. Deshalb wird heute häufig zwischen ‚Management‘ und ‚Leadership’ unterschieden: Menschen folgen ihren Leadern freiwillig, Manager versuchen dagegen, die Menschen dazu zu bewegen, dass sie ihren Anweisungen Folge leisten.

Nach langjähriger Berufserfahrung als Diplomingenieur mit Führungsaufgaben und ebenso langer Erfahrung als selbständiger Psychologischer Berater und Ausbilder sehe ich Ihre Herausforderung in ‚dem anderen Weg’. Diesen sollten Sie aus meiner Sicht mit in Betracht ziehen, wenn Sie in Ihrem Unternehmen eine Transformation der Unternehmenskultur ansteuern: Sie müssen sich als Führungskraft neu erfinden und zum Leader werden!

Die SystemDynamische Transformation

In dem von mir entwickelten Konzept der SystemDynamischen Transformation (SDT®) zeige ich Ihnen, wie Sie dabei praktisch vorgehen können. Das dazu erforderliche Potenzial können Sie für sich entfalten, wenn Sie bei Ihrer Führungsaufgabe einen Engpass erleben und nicht so richtig weiterkommen, weil die anderen nicht so mitspielen, wie Sie es sich vorstellen. Solche Engpässe tragen die Lösung bereits in sich. Sie müssen nur den Schlüssel dazu finden! Er liegt in Ihrem Anteil, den Sie selbst nicht wahrnehmen, aber den Sie anderen durch Ihr Verhalten im Engpass zeigen. D.h. Sie gehen in Ihrer Vorstellung von einem fiktiven Standort aus, an dem Sie sich in der sozialen Realität gar nicht befinden.

Mit dem Instrument der ‚Mentalen Navigation‘ finden Sie den Schlüssel. Mit ihr betrachten Sie ein Szenario aus einer ganzheitlichen Perspektive und erkennen so Ihren wahren Standort. Von da aus werden Sie auch die Rolle erkennen, mit der Sie sich authentifizieren müssen, wenn Sie aus ihrem Engpass über gangbare Wege ans Ziel gelangen oder auch Ihr Ziel neu definieren wollen.

Wenn Sie diesen anderen Weg gehen, werden Sie feststellen, dass die Menschen, die Sie führen, sich Ihnen gegenüber anders verhalten und mit Ihnen zunehmend in Kohärenz kommen werden. Der angestrebte Transformationsprozess der Unternehmenskultur nimmt dadurch an Fahrt auf.
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1 2001 in Wien, auf der 1. Weltkonferenz für systemisches Management
2 VUKA = Akronym aus Volatilität (Unbeständigkeit, volatility) – Unsicherheit (uncertainty) – Komplexität (complexity) – Ambiguität (Mehrdeutigkeit, ambiguity)
3 https://www.managerismus.com/themen/managerismus/info/erlaeuterung